Scheinselbstständigkeit als Freelancer: Was du wissen musst
Das Thema Scheinselbstständigkeit verursacht bei Freelancern oft Sorgen und Unsicherheit. Dabei ist es gar nicht so kompliziert. Wenn du einige Dinge beachtest, bleibst du auf der sicheren Seite und sorgst dafür, dass weder du noch deine Kunden Probleme bekommen.
Was ist Scheinselbstständigkeit?
Scheinselbstständigkeit bedeutet, dass ein Freelancer selbstständig ist, aber fast ausschließlich für einen Auftraggeber tätig ist und von diesem wie ein Angestellter behandelt wird. Dadurch erfüllt er nicht die Merkmale einer Selbstständigkeit, wie unternehmerisches Risiko und Flexibilität. Der Freelancer profitiert nicht von den Vorteilen einer Festanstellung und erhält keinen Kündigungsschutz, keinen bezahlten Urlaub und keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Arbeitgeber zahlt auch keine Sozialversicherungsbeiträge für ihn.
Warum ist das ein Problem? Diese Praxis ist nicht im Einklang mit den Grundsätzen des Sozialstaats und wird ähnlich verfolgt wie auch Schwarzarbeit. Die Deutsche Rentenversicherung, das Finanzamt oder die Krankenversicherung können Kontrollen durchführen, um eine Scheinselbstständigkeit aufzudecken. Wenn sie festgestellt wird, muss der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen und es kommt zu einer komplizierten Rückabwicklung der gezahlten Umsatzsteuer. Außerdem müssen beide Seiten Lohnsteuer nachzahlen. Bei vorsätzlichem Verhalten des Auftraggebers kann dies sogar als Straftat bewertet werden und es droht eine Geld- oder sogar Gefängnisstrafe.
Mögliche Folgen einer Scheinselbstständigkeit für Freelancer
Für Freelancer sind die Auswirkungen der Scheinselbstständigkeit weniger schwerwiegend, aber immer noch unangenehm. In einem solchen Fall kann der Freelancer den Status eines Arbeitnehmers einklagen. Es ist jedoch fraglich, ob er das überhaupt will, da er sich bewusst für eine selbstständige Tätigkeit entschieden hat. Hinzu kommen folgende Gründe dafür, als Freelancer eine Scheinselbstständigkeit zu vermeiden:
- Mühsamer und unangenehmer Prozess
- Kundenbeziehung wird möglicherweise zerstört
- Rückabwicklung der Umsatzsteuer
- Lohnsteuernachzahlung
Scheinselbstständigkeit erkennen
Es gibt keine allgemeingültige Liste von Kriterien für Scheinselbstständigkeit, da jeder Fall individuell betrachtet wird. Wenn du jedoch von einem Auftraggeber wirtschaftlich abhängig bist, weisungsgebunden für ihn arbeitest, dort in interne Prozesse eingebunden bist und nicht selbst als Unternehmer auftrittst, sprechen diese Faktoren recht stark für eine Scheinselbstständigkeit.
Folgende Faktoren können auf eine Scheinselbstständigkeit hinweisen, aber es kommt auf das Gesamtbild an und nicht alle Punkte müssen auf dich zutreffen:
- Du erhältst Vorgaben zu deinen Arbeitszeiten, musst dich bei Krankheit abmelden und den Urlaub abstimmen.
- Du arbeitest langfristig in den Räumlichkeiten des Auftraggebers und nutzt dessen Equipment.
- Du erhältst Anweisungen, die über die üblichen Abstimmungen hinausgehen.
- Du hast ähnliche Aufgaben wie angestellte Mitarbeiter und bist Teil eines festen Teams.
- Du generierst über den Auftraggeber einen Großteil deines Umsatzes und bist dort unbefristet beschäftigt.
- Du darfst keine weiteren Aufträge annehmen oder musst diese zuerst mit dem Auftraggeber abstimmen.
- Du hast keine eigene Website und trägst kein unternehmerisches Risiko mit deiner Selbstständigkeit.
- Du erhältst ein festes monatliches Gehalt.
- Du bist bei firmeninternen Meetings oder Veranstaltungen dabei, die nichts mit deinen Aufgaben zu tun haben.
- Du hast eine Firmen-E-Mail-Adresse oder Visitenkarten des Unternehmens, ohne dass dein externer Status erkennbar ist.
Außerdem wichtig zu wissen: Es ist möglich, bei verschiedenen Auftraggebern gleichzeitig scheinselbstständig zu sein. Denn es ist ja auch möglich, als Angestellter zwei Teilzeitstellen zu haben. Du bist also nicht automatisch auf der sicheren Seite, wenn du mehr als einen Kunden hast. Entscheidend ist, wie du jeweils arbeitest.
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Scheinselbstständigkeit vermeiden als Freelancer
Wenn du eine Scheinselbstständigkeit vermeiden möchtest, solltest du darauf achten, dass du selbstbestimmt arbeiten kannst und nicht zu stark in die Prozesse deiner Auftraggeber eingebunden bist. Um das Risiko einer Scheinselbstständigkeit zu minimieren, kannst du:
- Mehrere Auftraggeber haben: Stelle sicher, dass du nicht dauerhaft nur für einen Auftraggeber arbeitest. Doch auch wenn du mehrere Auftraggeber hast, solltest du auf die anderen Kriterien achten.
- Eigene Räume und Betriebsmittel nutzen: Arbeite vorwiegend in deinem eigenen Arbeitszimmer, einem externen Büro oder einem Coworking Space und nutze dein eigenes Equipment.
- Integration in interne Prozesse vermeiden: Plane und organisiere deine Arbeit selbstständig, nimm nicht an Meetings teil, die nichts mit deiner Arbeit zu tun haben, und gestalte deine Arbeitszeiten nach deinen Bedürfnissen.
- Als Unternehmer auftreten: Zeige, dass du ein unternehmerisches Risiko trägst und andere Kunden gewinnen möchtest, indem du zum Beispiel eine eigene Website oder ein Profil in beruflichen Netzwerken hast und eigene Marketing-Aktivitäten durchführst.
Verlasse dich nicht darauf, dass dein Auftraggeber sich um alles kümmert und für eine rechtssichere Zusammenarbeit sorgt. Wenn du den Eindruck hast, dass du zu stark in die Prozesse integriert bist oder andere Faktoren für eine Scheinselbstständigkeit sprechen, solltest du das Thema ansprechen und deinen Kunden auf die Risiken hinweisen.
FAQs
Welche Folgen hat eine Scheinselbstständigkeit für Freelancer?
Die Konsequenzen für Freelancer sind weniger schwer als die für Auftraggeber, doch trotzdem solltest du eine Scheinselbstständigkeit vermeiden. Du musst gemeinsam mit dem Auftraggeber die nicht bezahlte Lohnsteuer nachzahlen, es kommt zu einer Rückabwicklung der Umsatzsteuer und du kannst eventuell eine Festanstellung im Unternehmen einklagen.
Kann ich durch Gründung einer GmbH eine Scheinselbstständigkeit vermeiden?
Nur natürliche Personen können scheinselbstständig sein. Deshalb wird manchmal versucht, eine GmbH zu gründen, damit das nicht passieren kann. Wenn diese allerdings nur zur Verschleierung dient, drohen dieselben Konsequenzen wie ohne GmbH.
Können Kleinunternehmer scheinselbstständig sein?
Der Status als Kleinunternehmer macht bei der Betrachtung keinen Unterschied. Möglicherweise ist das Risiko einer Scheinselbstständigkeit bei dieser Gruppe sogar höher, weil sie oft weniger Umsatz machen und dadurch für weniger Auftraggeber tätig sind.
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